Fraunhofer IPA: Zehn Jahre Klinische Gesundheitstechnologien
Aus der ehemaligen „Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie (PAMB)“ ist nach zehn Jahren „Klinische Gesundheitstechnologien“ des Fraunhofer IPA, Mannheim, geworden. Die Umbenennung drückt aus, wie sich der Fokus des 20-köpfigen interdisziplinären Teams von Forschenden in dieser Zeit verschoben hat: Weg von der reinen Laborautomatisierung hin zu einer sehr engen Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten direkt in der Klinik.
Aus der ehemaligen "Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie (PAMB)" ist nach zehn Jahren "Klinische Gesundheitstechnologien" des Fraunhofer IPA, Mannheim, geworden. Die Umbenennung drückt aus, wie sich der Fokus des 20-köpfigen interdisziplinären Teams von Forschenden in dieser Zeit verschoben hat: Weg von der reinen Laborautomatisierung hin zu einer sehr engen Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten direkt in der Klinik.
Mit der Gründung der damaligen IPA-Projektgruppe in Mannheim sollte dieser etablierte Standort der Medizintechnik durch die Präsenz von Fraunhofer gestärkt werden. Am Anfang ging es dabei vor allem um Maschinenbau, Bioverfahrenstechnik und Robotik. "Wir konstruieren auch heute noch Geräte, gehen jetzt aber wesentlich stärker auf die Anforderungen des klinischen Alltags ein", erläutert der Physiker Dr.-Ing. Jens Langejürgen, der seit fünf Jahren beim IPA tätig ist und die Abteilung seit Juli 2021 leitet.
Test-OP mit 5G-Ausstattung Im Krankenhaus sind für die Zukunft vor allem Vernetzung und Digitalisierung gefragt. Die Ansprüche lassen sich unter Laborbedingungen nur bedingt nachbilden. "Da geht es um viele Eigenschaften und Teilprozesse, die sich nur dann effizient umsetzen lassen, wenn wir sehr nah an der Anwendung sind", so Dr. Langejürgen. Die Abteilung sitzt inmitten des Universitätsklinikums Mannheim. Zur Ausstattung gehört unter anderem ein eigener Hybrid-OP mit 5G-Ausstattung, der ausschließlich der Forschung und Entwicklung dient. Als Teil des Forschungscampus M²OLIE arbeitet die Abteilung zusammen mit Medizinern und Firmen an einer neuen Infrastruktur für innovative, schnellere Tumortherapien.
Vielfältige Patente Im Laufe der vergangenen Jahre gab es 29 Patentanmeldungen, von denen 18 schon erteilt sind. Die Entwicklungen sind vielfältig. Hydraulische chirurgische Instrumente gehören ebenso dazu wie 3D-gedruckte Roboter für den OP und Navigationshilfen bei Biopsien. Ein steriles Mahlwerk extrahiert aus Tumorbiopsien lebende Einzelzellen als Ausgangspunkt für eine personalisierte Therapie. Ob ein Mensch eigenständig atmen kann, erkennt eine berührungslose Sensorik, die vor allem bei Frühchen am Beatmungsgerät lebensentscheidend sein kann.
Lizenzen und Ausgründungen Neben der Forschung hat die IPA-Abteilung immer auch die mögliche Vermarktung im Blick, denn letztendlich sollen Entwicklungen den Menschen zugutekommen. Neben Lizenzverträgen geschieht das über Spin-offs von Mitarbeitern. Mehrere Firmen wurden bereits aus der Abteilung heraus gegründet. Vibrosonic baut Hörhilfen, die als "Kontaktlinse fürs Ohr" den Schall am Trommelfell verstärkt. Thericon macht mit multispektraler Bildgebung in der Tumorbehandlung verschiedene Gewebetypen sichtbar. Fast Forward Discoveries zerlegen für die personalisierte Medizin Gewebeproben in einzelne Zellen. Weitere Ausgründungen sind in Vorbereitung.
Digitalisierung und Automatisierung Beim Thema "Digitalisierung" klaffen Anspruch und Wirklichkeit in der Klinik teilweise noch weit auseinander. Hochmoderne Geräte auf der einen Seite liefern Unmengen von Daten. Auf der anderen Seite müssen sich Arzt und Ärztin immer noch Informationen aus einer Fülle von Notizzetteln zusammensuchen. Diese Daten bleiben für schnelle Entscheidungen oder eine Optimierung der Behandlung durch eine nachgelagerte Forschung ungenutzt, weil die entsprechenden Schnittstellen fehlen. Ziel ist es hier, alle relevanten Informationen gleichzeitig in einem elektronischen System bereitzustellen.
Ein aktuelles Projekt ist TEDIAS, das schon bei der Patientenaufnahme ansetzt und Routinearbeiten übernimmt. Das automatisierte System soll von Anfang an Struktur in die Daten bringen und mehr Zeit für die eigentliche Interaktion zwischen Arzt und Patient schaffen. Auch das Projekt ANIMMED wertet Datensätze mit den Methoden der KI aus. Untersuchungen zur Effizienzsteigerung von digitalen Prozessen und dem Nutzen von technologischen Entwicklungen sollen speziell kleinen und mittleren Unternehmen helfen, ihre Technologien schon in einem frühen Entwicklungsstadium unter realen Bedingungen einzuschätzen und entsprechend anzupassen.
Schnelle Unterstützung im Notfall Aus der Abteilung Klinische Gesundheitstechnologien kommt nicht nur Hightech. Beim Virus Fighter Handbook, einer einfachen App für die Bedienung von Beatmungsgeräten in der Pandemie sowie einem kostengünstigen Infusionsset für Uganda, das Fehldosierungen vermeiden hilft, standen humanitäre Unterstützung und solidarische Kooperation im Vordergrund.