Die Welt giert nach Chips. Fahrzeuge, Computer, Telefone, Haushaltsgeräte und Spielzeuge – nahezu überall sind diese kleinen Wunderwerke enthalten. Winzig in ihren Ausmaßen, riesig in ihrer Wirkung steuern und regeln sie von kleinen Wearables bis zu gigantischen Maschinen nahezu alles. Weit mehr als eine Billion Chips werden jährlich weltweit produziert. Das entspricht rund 130 Mio. Chips pro Stunde oder circa 140 Chips pro Jahr und Mensch. 575,9 Mrd. Dollar Umsatz generiert die Halbleiterindustrie allein in diesem Jahr, so die aktuellen Prognosen. Bis zum Jahr 2030 soll diese Summe sich auf 1.065 Mrd. Dollar nahezu verdoppeln. Schwindelerregende Zahlen und eine enorme Bedeutung also, die dem größten Halbleiterproduktionsstandort Europas – der sächsischen Landeshauptstadt Dresden, glänzende Zukunftsaussichten bescheren. Mit GlobalFoundries, Bosch, X-FAB, Infineon und SAW Components produzieren derzeit fünf namhafte Unternehmen diese elektronischen Helferlein in der Elbmetropole – ab 2025 kommt auch noch Jenoptik hinzu.
Mit der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC), siedelt sich in den kommenden Jahren (Werkseröffnung für 2027 geplant) nun auch der weltweit größte Auftragsfertiger von Halbleiterchips in Dresden an. In einem Joint Venture mit Infineon, Bosch und NXP gründet TSMC vor Ort das neue Unternehmen European Semiconductor Manufacturing Company (ESMC) und investiert insgesamt 10. Mrd. Euro in eine der größten Fabs und das dann wohl modernste Werk des Standortes. Schon jetzt kommt jeder dritte in Europa produzierte Chip aus Dresden. Es könnte mit dieser namhaften Unterstützung in Zukunft jeder zweite werden.
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Die Bedeutung von Chip-Design für die Produktion moderner Mikroelektronik
Die technologische Weiterentwicklung der Mikroelektronik und damit der zu produzierenden Chips erfolgt nicht nur durch neue Materialien, verbesserte Fertigungsprozesse und die fortschreitende Miniaturisierung. Insbesondere schaltungstechnisch, also in der Auslegung und Konzipierung integrierter Schaltkreise (Integrated Circuit oder IC), liegt das Potenzial für grünere, effizientere und leistungsstärkere Halbleiter. Das Chip- oder auch IC-Design ist daher die Grundlage für alle Produkte der Branche, von Logikschaltungen über Speicher bis zu MEMS und Sensoren. IC-Design ist jedoch viel mehr als die Planung und Anordnung elektronischer Bauelemente. Immer mehr spezifische Funktionen müssen auf immer kleinerer Fläche realisiert werden. Zudem gilt es, unterschiedliche Funktionalitäten effizient miteinander zu kombinieren. Neue technologische Ansätze wie Chiplets und Heterointegration müssen mitgedacht werden, genauso wie die auf den Chips laufende Software. IC-Design ist damit einer der Schlüsselbausteine der Mikroelektronikfertigung, genau wie die Maskenfertigung und Automatisierungstechnik für die Produktion.
Wie funktioniert Chip-Design?
Eine zentrale Rolle beim IC-Design spielt das Thema “Werkzeuge”. So nutzen Designer moderner Chiparchitekturen sogenannte Electronic Design Automation (EDA) Tools. Hierbei handelt es sich um Software, die einzige für den Entwurf von ICs entwickelt wird. Mit deren Hilfe werden die Konstruktionspläne für ICs erstellt. Der Entwurf erfolgt auf verschiedenen Abstraktionsebenen, von abstrakten Verhaltensmodellen (Coseda GmbH) über elektronische Schaltungen bis zur geometrischen Konstruktion der Bauelemente (z.B. iROM GmbH für MEMS). Häufig werden im Entwurf von ICs auch Baugruppen Dritter integriert, sogenannte IP (Intellectual Property). Dies trifft meist für eingebettete Mikroprozessoren zu. Hier ist ein wichtiger Anbieter das Unternehmen Arm-Ltd, welches die weit verbreiteten ARM-Prozessoren entwickelt. Für den Einbau eines solchen Mikroprozessoren in ein IC muss der Halbleiterunternehmen Lizenzen erwerben und/ oder eine Gebühr pro verkauftes IC entrichten (sog. Royalties). Als Alternative hat sich inzwischen RISC-V etabliert, ein Open-Source-Variante für Mikroprozessoren. Beide Systeme sind inzwischen fest in Sachsen verwurzelt und tägliche Arbeitsgrundlage der hier ansässigen Chip- oder IC-Designer:innen.
Chip-Design soll in Deutschland verstärkt erforscht werden
Chips zu entwickeln und herzustellen, ist damit längst ein zentraler Teil der sächsischen Forschungs-, Entwicklungs- und Produktions-DNA. Sich technologisch souveräner aufzustellen, immer neue Chip-Generationen zu entwickeln, mit neuen Funktionen auszustatten, stetig zu verkleinern und somit fortlaufend immer energieeffizientere, leistungsstärkere und sicherere Chips zu konzipieren, ist nun aber auch das jüngste Ziel der Landes- und Bundespolitik. “Unsere Fraktion wird im Bund bereits bestehende Projekte wie “Chipdesign Germany” und neue Forschungs- und Investitionsvorhaben wie ein Großforschungszentrum in Sachsen auf die politische Tagesordnung setzen”, kündigte u.a. Markus Reichel, sächsischer CDU-Bundestagsabgeordneter, im März 2024 an. Sachsen bzw. Deutschland sollen so nicht nur in der Chipproduktion die wichtigste Rolle in Europa spielen, sondern zukünftig auch bei der Entwicklung moderner Chips. Erst im Februar ging das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Netzwerk “Chipdesign Germany” an den Start. Es bildet eine Plattform für den vorwettbewerblichen, offenen Austausch zwischen allen am Chipdesign beteiligten Akteuren und wird von den vier Kooperationspartnern edacentrum, Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland, der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau sowie der Leibniz Universität Hannover getragen.
Immer mehr Chip-Designer werden benötigt – die Region schafft Angebote
So wichtig Forschung, Entwicklung und Vernetzung im Bereich des Chipdesigns auch sind, ohne ausreichend Fachkräfte werden Deutschland und Europa den internationalen Wettlauf dennoch nicht gewinnen können. Schon jetzt werden an Hochschulen, Universitäten und Berufsakademien die dringend benötigten Fachkräfte – allerdings in eher homöopathischen Dosen – in eigenen Ausbildungs- oder Studiengängen entwickelt. So gilt die Professur für Schaltungstechnik und Netzwerktheorie von Prof. Dr. Frank Ellinger als eine der führenden sächsischen Fakultäten des Bereiches. Auch wurde 2023 erstmals an der TU Dresden eine Ringvorlesung zum Thema Chipdesign (mit Unterstützung des Arbeitskreises IC-Design des Silicon Saxony) eingeführt. Ab Wintersemester 2024 wird auch an der TU Chemnitz ein neuer Studiengang mit dem Titel „IC Design and Test“ von Prof. Dr. Ulrich Heinkel (Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik, Institut für Informationstechnik Professur Schaltkreis- und Systementwurf) ins Leben gerufen. Nicht zuletzt bietet inzwischen auch die Berufsakademie Dresden im Rahmen der Studienrichtung „Informationstechnologie – Informationstechnik“ das Wahlpflichtmodul IC-Design an. Aktuell werden hierfür noch Praxispartner in der Region gesucht.
“Der IC-Entwurf ist das Herzstück der Halbleiterinnovation und ermöglicht die Entwicklung neuer, leistungsfähigerer und energieeffizienter Geräte. Dieser Masterstudiengang vermittelt den Absolventen Fähigkeiten und Kenntnisse für eine Vielzahl von hervorragenden Karrieremöglichkeiten in Sachsen, aber auch in Deutschland und weltweit.”
Uwe Gäbler, Direktor des Entwicklungszentrums für Automotive, Infineon
Dass all dies noch immer nicht ausreichend Absolvierende auf diesen immer schneller wachsenden Markt spült, zeigt jedoch die jüngste Initiative des Taiwan Semiconductor Research Institute (TSRI).
Taiwan startet Kooperation mit Tschechischen Technischen Universität (CTU)
Vojtěch Petráček, der Rektor der Tschechischen Technischen Universität (CTU), und Hou Tuo-Hung, Generaldirektor des TSRI, vereinbarten am 18. April in Prag eine neue Ausbildungsstätte für den Bereich Chipentwicklung in der und für die Region einzurichten. Über die kommenden fünf Jahre hinweg sollen in der nahen tschechischen Hauptstadt 500 Fachkräfte für Chipdesign ausgebildet werden. “Das TSRI ist eines der weltweit renommiertesten Forschungsinstitute für die Erforschung und Entwicklung von Halbleitertechnologien”, erklärte in diesem Zusammenhang Frank Bösenberg, Geschäftsführer des Mikroelektronik-Verbandes Silicon Saxony die Vereinbarung. “Die Kooperation stärkt die Netzwerke Czech national semiconductor cluster, Silicon Saxony und Silicon Europe”. Denn spätestens mit dem Produktionsbeginn von TSMC in Europa (2027) wird auch der Bereich IC-Design nochmals einen Schub erfahren. Es macht daher Sinn, den politischen Bekenntnissen auf deutscher und europäischer Ebene die längst notwendigen Handlungsschritte folgen zu lassen. Europa muss mehr investieren, will es technologisch nicht nur im Bereich der Produktion, sondern viel wichtiger noch, im Bereich der Chip-Entwicklung unabhängiger von China und den USA werden.
Silicon Saxony und dessen Arbeitskreis IC Design unterstützen
Bereits seit Jahren treibt auch Silicon Saxony die Entwicklung und den Austausch des Bereiches IC-Design mit einem eigenen Arbeitskreis und zahlreichen Veranstaltungen, wie dem Silicon Saxony Day, der apc|m-Konferenz oder weiteren Informations- und Netzwerkformaten voran. Neben der erfolgreichen Etablierung einer eigenen Ringvorlesung an der TU Dresden und einer engen Abstimmung mit Sachsens Universitäten, Hochschulen und Berufsakademien, wurde 2022 sogar ein eigener Film für die IC-Fachkräftegewinnung produziert. Unter dem Titel “Change the World” wirbt dieser für die beruflichen Möglichkeiten und die Vielfalt dieses Fachbereichs. Allen Abiturient:innen, aber auch allen Berufssuchenden sei dieser Film empfohlen. Auch der Besuch des kommenden Silicon Saxony Days, am 11. Juni im Flughafen Dresden, dürfte sich für alle IC-Designer und jenen, die sich für dieses spannende Berufsfeld interessieren, lohnen. Mit Keynotespeaker und Graphcore-CEO Nigel Toon tritt dann eine absolute Galionsfigur des Bereiches in Sachsens Landeshauptstadt auf. Sichern Sie sich jetzt Ihr Ticket, schauen Sie bei unserem Arbeitskreis IC-Design vorbei oder vernetzen Sie sich mit den IC-Fachkundigen unseres Netzwerkes. Es lohnt sich!
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Foto: Canva