Mikroelektronik

Silicon Saxony Newsletter: Spekuliert China auf Taiwans Halbleiterknowhow?

Krieg zu führen oder ihn zu simulieren, scheint auch nach Jahrtausenden des so verursachten Leids en vogue. Ein Blick gen Asien vermittelt derzeit diesen unangenehmen Eindruck. Hier, rund um eine kleine Gruppe Inseln, eingeschlossen von der Philippinensee, dem Ost- und dem Südchinesischen Meer, artet nach dem Ukraine-Krieg aktuell der nächste Konflikt aus. Dass der Besuch einer 82-jährigen US-Politikerin der Brandbeschleuniger ist, der diese seit Jahrzehnten schwelende Auseinandersetzung tatsächlich offen entfacht, wirkt absurd. Doch Taiwan ist nicht irgendeine Ansammlung von Inseln. Nancy Pelosi nicht irgendeine US-Politikerin. Und China nicht irgendein Riese, den man wohl besser nicht reizen sollte.

Diesen Beitrag teilen

Kontakt

Silicon Saxony

Marketing, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

Manfred-von-Ardenne-Ring 20 F

Telefon: +49 351 8925 886

Fax: +49 351 8925 889

redaktion@silicon-saxony.de

Ansprechpartner:

Krieg zu führen oder ihn zu simulieren, scheint auch nach Jahrtausenden des so verursachten Leids en vogue. Ein Blick gen Asien vermittelt derzeit diesen unangenehmen Eindruck. Hier, rund um eine kleine Gruppe Inseln, eingeschlossen von der Philippinensee, dem Ost- und dem Südchinesischen Meer, artet nach dem Ukraine-Krieg aktuell der nächste Konflikt aus. Dass der Besuch einer 82-jährigen US-Politikerin der Brandbeschleuniger ist, der diese seit Jahrzehnten schwelende Auseinandersetzung tatsächlich offen entfacht, wirkt absurd. Doch Taiwan ist nicht irgendeine Ansammlung von Inseln. Nancy Pelosi nicht irgendeine US-Politikerin. Und China nicht irgendein Riese, den man wohl besser nicht reizen sollte.

Dass China im Rahmen seiner Ein-China-Politik das "abtrünnige" Taiwan seit seiner Abspaltung nur zu gern wieder eingliedern würde, ist bekannt. Dass nach der Rückgabe Hong Kongs von Großbritannien an China dieser Makel ein letzter Dorn im Auge der chinesischen Führung ist, ebenso. Doch wieso verstärkte China gerade in der Corona-Krise die Rhetorik in Richtung Taiwan? Wieso ist eine Insel, die technologisch sicher sehr weit entwickelt ist, jedoch nur 23,6 Mio. Menschen beherbergt, so entscheidend für den inneren Frieden eines Landes mit 1,4 Mrd. Menschen? Und wieso riskieren die USA und auch Europa nach Jahrzehnten des Schweigens und der Nichtanerkennung Taiwans plötzlich eine direkte Auseinandersetzung mit China?

Was macht Taiwan für China aktuell so reizvoll?

Die Antworten auf dieses weltpolitische Pokerspiel drehen sich, so darf vermutet werden, auch um Chips. 66 Prozent der globalen Auftragsfertigung im Bereich Halbleiter ist aktuell fest in Taiwans Hand. Mit der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (kurz: TSMC) kommt der größte Auftragsfertiger der Welt von dieser kleinen Inselgruppe vor der Küste Chinas. TSMC produziert Highend-Chips aller Größen für die führenden Technologieunternehmen der Welt. Ein Know-how, das einen schier unschätzbaren Wert hat, nicht nur für China. Seit Corona und der weltweiten Chipkrise expandiert TSMC, plant und baut auch Werke abseits Taiwans, z.B. in Arizona/USA und Japan. Auch Europa bemüht sich um eine der begehrten Fabs. Inwieweit die Drohungen Chinas, Taiwan zu erobern, auch hiervon getrieben sind, kann nur spekuliert werden. Fakt ist: Auch diese Bestrebungen dürften China nicht gefallen. Und würde China angreifen, wären die Folgen für die Weltwirtschaft katastrophal.

Wie versucht Europa seine Weltmarktposition zu sichern?
Das Reich der Mitte ist auf einem ehrgeizigen Weg. 2001 lag der Weltmarktanteil Chinas im Bereich der Halbleiterproduktion noch bei einem Prozent. 2010 waren es mehr als zehn. Bis 2030 soll er sogar bereits ein Viertel der weltweiten Produktion betragen. Das ist ein Tempo, mit dem weder Europa noch die USA Schritt halten können. Versucht wird es trotzdem, wobei es China offensichtlich nicht nur um Masse, sondern auch um Klasse (kleiner Nanometer-Strukturen) geht. Erst kürzlich verabschiedete die EU den "European Chips Act". 43 Mrd. Euro ist das Programm schwer. Ein Kritikpunkt: Nur etwas mehr als vier der eingeplanten 43 Mrd. kommen tatsächlich aus EU-Töpfen. Den Rest sollen Mitgliedsstaaten und private Investoren stemmen.

Was halten China und die USA dem "European Chips Act" entgegen?
Das Programm zeigt dennoch Wirkung. U.a. Bosch (1 Mrd. Euro, global 3 Mrd.), STMicroelectronics und GlobalFoundries (5,7 Mrd.) sowie Intel (17 Mrd.) haben bereits Investitionen in Europa angekündigt. Genügt dies, um die Verdrei- oder Vervierfachung der Produktion und damit den angestrebten Weltmarktanteil von 20 Prozent zu erreichen? Es darf zumindest bezweifelt werden. Denn auch China (170 Mrd. Förderfond) und die USA (52 Mrd. Förderung und 170 Mrd. für Forschung und Entwicklung) investieren kräftig. Am Dienstag unterzeichnete US-Präsident Joe Biden den amerikanischen Chips Act, u.a. im Beisein von Infineon-Chef Hanebeck. Auch für die USA gibt es bereits zahlreiche Investitionspläne der Chiphersteller. Doch Fab-Neubauten und schiere Massenproduktion können nicht die einzigen Ziele sein. Wie komplex die Anforderungen an passende Standorte für Fab-Neubauten sind, zeigte die Intel-Ansiedlung in Magdeburg. Nicht überall kann gebaut werden. Und selbst wenn, geht es auch um Rohstoffe, Ressourcen wie Wasser und Strom sowie nicht zuletzt Fachkräfte. Viel wichtiger scheint der Punkt der Technologiesouveränität. Also: Kann ich produzieren, was ich benötige, unabhängig von anderen konkurrierenden Nationen?

Erst kürzlich berichtete Bloomberg, Chinas größter Halbleiterhersteller Semiconductor Manufacturing International Corporation (SMIC) hätte die ersten 7 Nanometer Strukturbreiten produziert und ausgeliefert. Bislang produziert China hauptsächlich im 14-Nanometer-Segment. Ein gewaltiger Sprung also. Könnte China durch die Eroberung Taiwans nun auch noch auf das Know-how von TSMC zurückgreifen, wären dann noch ganz andere Entwicklungen möglich? TSMC-Vorstandsvorsitzender Mark Liu bestreitet dies in einem Interview. Die Fabriken wären im Falle einer chinesischen Invasion "nicht betriebsfähig", erklärte er.

Wie verflochten ist die internationale Halbleiterproduktion?
So oder so bleibt China vorerst, wie auch die USA und Europa, in der Halbleiterproduktion abhängig von anderen Nationen und Kompetenzen. Laut einer Studie sind in jedem Segment der Halbleiter-Wertschöpfungskette im Durchschnitt 25 Länder an der direkten Lieferkette und 23 Länder an den unterstützenden Marktfunktionen beteiligt. Komponenten eines Chips legen mehr als 40.000 Kilometer zurück und überqueren mehr als 70 internationale Grenzen, bevor sie als fertiger Chip beim Endkunden verbaut werden können. In kaum einer anderen Branche ist internationale Zusammenarbeit so wichtig wie in der Halbleiterproduktion.

Es wäre demnach schön, wenn auch die Führer:innen dieser Welt erkennen würden, dass Kooperation Fortschritte leichter macht, als der ständige Kampf gegeneinander. Niemand muss alles können, stehen ihm loyale und kompetente Partner zur Seite, die evtl. fehlendes Know-how mit einbringen. Und wer zieht einen verlässlichen Partner nicht einem verlässlichen Feind vor?

Auch Silicon Saxony setzt daher Partnerschaften und gemeinsames Handeln in den Mittelpunkt seines Strebens. Gemeinsam ist das Stichwort, ob in Projekten, Events, Arbeitskreisen oder der Initiierung von technologischen Zusammenarbeiten. Auch Sie wollen Teil unseres Netzwerkes sein? Dann kontaktieren Sie uns.

Weiterführende Links

www.silicon-saxony.de Zur Newsletteranmeldung
Foto: pixabay

Das könnte Sie ebenfalls interessieren

Kontakt

Silicon Saxony

Marketing, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

Manfred-von-Ardenne-Ring 20 F

Telefon: +49 351 8925 886

Fax: +49 351 8925 889

redaktion@silicon-saxony.de

Ansprechpartner: