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Reicht der Strom?

Leiser, sauberer, emissionsärmer: Elektromobilität birgt große Chancen … und Herausforderungen

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Die Zukunft der smarten Mobilität ist bereits in vollem Gange und verspricht eine aufregende Revolution auf unseren Straßen. 2023 sind hierzulande rund 1 Millionen E-Autos angemeldet. Laut Bundesregierung sollen es 2030 bereits 15 Millionen sein. Die Straßen werden leiser und die Luft sauberer, während wir uns emissionsfrei fortbewegen.

Doch neben allen Vorteilen, bringt die Umstellung eine Reihe großer Herausforderungen. Fahren über 40 Millionen Pkw elektrisch, benötigt das Laden etwa den Strom, den 2021 alle Windräder Deutschlands produziert haben oder die dreifache Menge der vorhandenen Photovoltaikanlagen produzieren müssten. Noch kritischer wird es, wenn man gleichzeitiges Laden von E-Autos betrachtet. Stellen wir uns einen 23. Dezember in einer Zukunft vor, in der es 40 Millionen elektrische Autos gibt. Kurz vor Weihnachten wollen viele nochmal das Auto laden für die Fahrt in den Weihnachtsurlaub. Sagen wir nicht alle, sondern nur 10% aller Autos laden gleichzeitig, also 4 Millionen Fahrzeuge mit 11 Kilowatt (kW), wie bei den Stadtwerken oder starken Hausanschlüssen üblich. Die Ladeleistung dieser 4 Millionen Fahrzeuge liegt dann bei 44 Millionen kW bzw. 44 Gigawatt (GW). Am 23. Dezember 2022 haben alle Verbraucher in Deutschland zusammen je nach Tageszeit 40 bis 60 GW gebraucht: Alle zusammen, also Herde in Gastronomie und zu Hause, Kühlschränke, Gefriertruhen, Beleuchtung, Wärmepumpen, Computer, Regionalbahnen und Fernzüge, Maschinen in der Industrie und vieles mehr.


Nachhaltig, sauber und voll vernetzt – die Mobilität der Zukunft. | Bild: Digital Hub Mobility München

4 Millionen gleichzeitig ladende E-Autos verlangen also etwa die doppelte Leistung wie alle Stromverbraucher Deutschlands zusammen am 23. Dezember 2022.

Hinzu kommen elektrische LKW. Laden mehrere dutzend LKW gleichzeitig für die nächsten paar hundert Kilometer der kommenden Tour, dann werden elektrische Leistungen gebraucht für ein einziges Logistikzentrum, welche mit kleinen bis mittelgroßen Städten vergleichbar sind. Das heutige Energiesystem könnte diese Herausforderung nicht stemmen. Selbst ein enormer Zubau von Windkraft- und Solaranlagen ist keine ausreichende Lösung. Gerade im Winter liefern die Solaranlagen wenig, auch beim Wind mag Flaute herrschen.

E-Mobilität braucht Energie und intelligentes Energiemanagement um unnötiges, gleichzeitiges Laden zu vermeiden, also smarte Systeme.

Wie sieht intelligentes Verhalten von E-Autos und E-LKW in einem Stromnetz der Zukunft aus?

Intelligent ist, sinnvoll nach Angebot und Nachfrage zu laden. Über 90% der Zeit stehen Autos unbewegt an einem Parkplatz oder in einer Garage, manchmal für mehrere Tage am Stück. In dieser Zeit können angeschlossene E-Autos Wind- und Solarenergie speichern, wenn es das Angebot gut ist. In Zeiten von Überangebot ist der Strompreis niedrig, so dass ein niedriger Preis das Startsignal für den Ladevorgang ist. Eine smarte, preisgesteuerte Ladetechnologie entlastet so nicht nur die Netze, integriert Grünstrom, sondern spart dem Kunden bares Geld.

Wenn 4 Millionen E-Autos so viel Strom ziehen können wie ganz Deutschland, können sie dann in der Gegenrichtung so viel Strom liefern, wie Deutschland braucht?

Grundsätzlich ja, „Vehicle-to-Grid“ heißt das Konzept in dem Fahrzeuge Strom ins Netz einspeisen. Sie können dadurch Stromnetze stützen, das Eigenheim versorgen oder das eigene demnächst nicht genutzte Auto lädt das Nachbarauto auf. Was ist nötig, damit Elektrofahrzeuge als intelligente Speicher funktionieren? Vieles davon ist bereits entwickelt, aber noch nicht weit verbreitet, manches davon steckt noch in den Kinderschuhen. Haltbare und robuste Akkus sind nötig, aber vor allem eine ein Austausch und eine Verarbeitung relevanter Informationen. Für günstiges Laden müssen Autos eine Prognose der Strompreise erstellen, ermittelbar aus der Vorhersage für Wind und Sonne und dem erwarteten Verhalten der anderen Verbraucher.

Ob ein LKW oder PKW unbedingt geladen werden muss oder Warten bis zum nächsten Preistief sinnvoller ist, lässt sich durch Blick in den Kalender des Fahrzeuges erkennen. Regelmäßige Fahrten der Vergangenheit lassen einen Ausblick auf Fahrten in den kommenden Tagen zu. Der Ladebedarf hängt dann ab von Zeitpunkt und Streckenlänge. Ist der Akku voll und keine Fahrt in den nächsten Tagen zu erwarten, z.B. weil das Auto weiß, dass sein Nutzer gerade im Urlaub ist, kann das Auto seinen Strom an das Nachbarauto verkaufen, wenn dieses dringend laden muss aber das Netz nicht genug Leistung hergibt. Stehengelassene Autos verdienen so während des Urlaubs durch Stromhandel Geld. Virtuelle Marktplätze zwischen Fahrzeugen bilden zusammen mit smarter Ladeinfrastruktur ein Energieökosystem für den Transfer in alle Richtungen, mit Halbleitern als Herzstück aller intelligenten Komponenten. Der Schwarm dynamischer Akteure vermeidet Engpässe und bringt erneuerbare Stromerzeugung in Einklang mit E-Autos, LKW und Heizungen.

Kenntnisse zum Fahrverhalten und dem Transportbedarf in der Logistik sind nicht nur für den individuellen Ladebedarf und Stromhandel von Bedeutung, sondern liefern die Datengrundlage für maschinelles Lernen zur Prognose des Verkehrsaufkommens. Wer den Verkehr von morgen kennt, kann optimale Routen wählen oder Fahrten zeitlich verschieben und so Staus vermeiden bevor sie entstehen. Nicht zuletzt sind so Verbrauchsvorhersagen möglich, die eine optimale Orchestrierung der Energiesysteme erlauben: Für minimale Kosten und maximalen Umwelt- und Klimaschutz.

Eines steht fest: Wir stehen am Anfang einer aufregenden, technologischen Reise mit gigantischen Potenzialen für eine vernetzte und nachhaltige Zukunft von Mobilität und Logistik.

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Autor dieses Artikels

Dr. Simon Herzog
Senior Project Leader, Digital Hub Mobility München

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Der Digital Hub Mobility ist an der UnternehmerTUM, Europas größtem Zentrum für Gründung und Innovation, angesiedelt und nutzt das einzigartige UnternehmerTUM-Ökosystem, um die digitalen Mobilitätsinnovationen der Zukunft zu schaffen.

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