Mikroelektronik

Robert Bosch Semiconductor Manufacturing Dresden: Interview mit Dr. Christian Koitzsch, Plant Manager

Wie blickt Robert Bosch Semiconductor Manufacturing Dresden auf den Standort? Welche Rolle spielt das sächsische Mikroelektronik-Netzwerk für das Unternehmen? Wo endet gemeinsame Standortarbeit und beginnt Konkurrenz? Welche Voraussetzungen sind für zukünftiges Wachstum unbedingt notwendig? Das alles und noch viel mehr erfahren Sie im Interview mit Dr. Christian Koitzsch.

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Doch zuvor werfen wir einen kurzen Blick auf Bosch in Dresden.

  • Datum der Eröffnung: 7. Juni 2021
  • Anzahl Produktionsstandorte weltweit: Frontend-Fertigung: Dresden & Reutlingen
  • Anfangsinvestitionskosten: 1 Milliarde EUR
  • Größe des Werks (Fläche): 100.000 m² (14 Fußballfelder)
  • Größe des Reinraumes/der Reinräume: 10.000 m² + 3.000 m² (Ausbau)
  • Produzierte Strukturgrößen/Auslegung Equipment: 180 nm bis 65 nm
  • Größe der Wafer: 300 mm
  • Anwenderindustrien: Mobility, Consumer Goods
  • Anzahl der Mitarbeitenden: Aktuell >400, kontinuierlich wachsend auf 700
  • Anzahl Nationalitäten: rund 20
  • Anteil Frauen: branchenüblich
  • Gesuchte Fachkräfte: Mikrotechnolog:innen, IT- und Softwareexpert:innen
  • Gesuchte Skills: Erfahrung in Halbleitertechnologie, Software Applikationen und dem Produkt Design


© Robert Bosch Semiconductor Manufacturing Dresden GmbH


Herr Dr. Koitzsch, welche Bedeutung hat der Dresdner Standort für den Konzern?
 
Bosch hat mit der Errichtung des vollautomatisierten 300 mm – Halbleiterwerks in eine der modernsten Fabriken in ganz Europa investiert. Zudem handelt es sich mit einer Milliarde Euro um die höchste Investition der Bosch Firmengeschichte. Voll vernetzte Maschinen in Kombination mit Methoden der künstlichen Intelligenz sowie Augmented Reality lassen die AIoT-Fabrik zu einem Vorreiter der Industrie 4.0 werden und schaffen die Grundlage für eine datengesteuerte, kontinuierliche Verbesserung der Produktion.

Nicht zuletzt wird die Bedeutung des Standortes Dresden durch Folgeinvestitionen durch das Unternehmen im dreistelligen Millionenbereich deutlich. Damit soll zum einen ein Forschungszentrum entstehen sowie die Reinraumfläche ausgebaut und eine Fertigung von mikromechanischen Sensoren bis 2026 möglich werden.

In welchen konkreten Bereichen wurde seit Eröffnung investiert und wie hoch waren diese Investitionen in Summe?
 
Das Bosch Werk Dresden wurde 2021 eröffnet. Ergänzende Investitionen im Sommer 2021 im dreistelligen Millionenbereich und die Vorstellung weiterer Ausbaupläne im Sommer 2022 verdeutlichen die Bedeutung des Standortes für das Unternehmen.  

Bis 2025 ist ein Ausbau der Fertigungsfläche um zusätzliche 3.000 Quadratmeter geplant.  Zudem wird ein Entwicklungs- und Laborgebäude errichtet, um zusätzliche fertigungsnahe Entwicklungstätigkeiten im Standortkonzept von Dresden abbilden zu können. Die bereits vorhandenen ASIC Designaktivitäten der vor Ort ansässigen Bosch Sensortec werden um den Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt im Bereich der 300 mm MEMS Technologie ergänzt.

Bosch investiert einen dreistelligen Millionenbetrag in die neuen Gebäude für das Forschungszentrum, Labor sowie Anlagen. Das Entwicklungs- und Laborgebäude befindet sich aktuell in der Konzeptionierung und die Umsetzung ist im Rahmen IPCEI II bis Ende 2026 geplant.

Für welche Verwendungszwecke produziert der Dresdner Standort? Was können die produzierten Chips genau und in welchen Branchen/Industrien finden sie Verwendung?

Ohne Halbleiter fährt heute kein Auto mehr. Bosch gestaltet mit integrierten Schaltungen v. a. die Automobilanwendungen der Zukunft: Steuergeräte, die mit diesen Chips ausgestattet werden, ermöglichen Anwendungen wie automatisiertes, ressourcenschonendes Fahren sowie bestmöglichen Insassenschutz.
Die Dresdner Chips werden in der gesamten Elektronik im Auto verbaut, etwa der Motorsteuerung, elektrischen Lenkungen und Bremsen. Ab 2026 soll auch die Technologie der MEMS-Sensoren am Standort gefertigt werden. In diesem Bereich ist Bosch Weltmarktführer. Diese Sensoren finden heute in der Consumer-Elektronik Anwendungen zum Beispiel bei Smartphones und Smartwatches.

 
© Robert Bosch Semiconductor Manufacturing Dresden GmbH

Mittlerweile gibt es fünf Fabs, zahlreiche Zulieferbetriebe und Forschungseinrichtungen sowie Mikroelektronik-relevante Softwareunternehmen in Sachsen. In welchen Bereichen ist das Netzwerk für Ihr Unternehmen besonders wichtig?

Dresden ist bekannt für sein in Europa einmaliges Mikroelektronik-Cluster, genannt „Silicon Saxony“, mit Unternehmen der Zulieferer-, Dienstleister- und Anwenderindustrie sowie Universitäten mit entsprechender technologischer Expertise. Dies sind ausschlaggebende Kriterien bei der Standortentscheidung gewesen. Die Region Dresden mit seinem Mikroelektronik-Cluster bietet für Bosch das ideale Umfeld für den Aufbau und den Betrieb einer hochmodernen 300-mm-Halbleiterfertigung.

Silicon Saxony hat das Potenzial, sich zum Zentrum moderner, zukunftsweisender Fertigung zu entwickeln – zur Heimat für I4.0. Dabei ist eine Zusammenarbeit, beispielsweise mit den Fraunhofer Instituten, sehr fruchtbar für die Weiterentwicklung unserer Technologien und für die tägliche Arbeit.  

Gibt es hier konkrete Kooperationsprojekte mit anderen Playern am Standort und wenn, ja, welche?

Die gibt es in der Tat. Kooperationen und unternehmensübergreifender Austausch sind Assets im Silicon Saxony Cluster. So können wir beispielsweise die Zusammenarbeit mit den Fraunhofer und Fresenius Instituten im Bereich Material Evaluierungen und Analyse-Methoden benennen. Gleichzeitig sind wir sehr an strategischen Partnerschaften mit der TU Dresden interessiert. Auch unsere Kollegen der Bosch Sensortec nutzen die Nähe im Silicon Saxony zur direkten Kooperation im Entwicklungs-bereich und sind mit den lokal ansässigen Halbleiterfirmen eng verzahnt.

Das Thema Fachkräfte bewegt nicht nur uns. Aktuell wächst die sächsische IKT-Branche um ca. 5.000 Fachkräften pro Jahr, das entspricht bei gleichbleibendem Wachstum über 100.000 Fachkräften im Jahren 2030. Welche Rolle spielt die direkte Nähe zu anderen Fabs im Kontext Ihrer Fachkräftestrategie? Macht sie den Standort eher attraktiver oder die Konkurrenz größer?

Das Wachstum von Silicon Saxony ist eine Erfolgsgeschichte und führt zu einer noch höheren Attraktivität der ganzen Region. Ein breites Angebot mit vielen Möglichkeiten gibt dem Fachpersonal die Chance, unterschiedliche Firmen kennenzulernen. Und auch langfristig bauen wir auf die Stärke des Clusters für die Gewinnung und Ausbildung von Fachpersonal, auch über die regionalen und nationalen Grenzen hinaus. Dabei setzen wir auch auf eine enge Zusammenarbeit mit der TU Dresden oder den ansässigen Forschungsinstituten. Unsere aktive Teilnahme an der jährlichen Dresden Mikroelectronic Acadamy ist ein Beispiel für die Kooperation und das gemeinsame Engagement zur internationalen Fachkräftegewinnung.
 
Intel plant mit Magdeburger eine sogenannte Mega-Fab? Welche Auswirkungen hat das für Sie mit Blick auf Lieferketten, Dienstleister, Rohstoffe und auch Fachkräfte? 

„Deutschland kann Hightech“, hat Dr. Dirk Hoheisel, Mitglied der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH anlässlich der Pressekonferenz zur Grundsteinlegung unseres Halbleiterwerks gesagt und das Investment von Intel in Magdeburg unterstreicht dies. Die Ansiedlungsentscheidung und das Milliardeninvestment sind eine gute Nachricht für Deutschland. Es spricht für großes Vertrauen in den Hightech-Standort, in die ansässigen Ingenier:innen und Facharbeiter:innen sowie in das einzigartige Netzwerk aus Halbleiterherstellern, Zulieferern, Dienstleistern, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, in aber auch über Silicon Saxony hinaus. Mikroelektronik ist eine Schlüsseltechnologie der Zukunft für Deutschland. Entscheidungen wie diese werden weitere Investoren begeistern sowie Bund und Europäische Union davon überzeugen, weitere Investitionen anzuregen. Dies ist für uns ein Garant für sichere Arbeitsplätze und für die Attraktivität für Fachkräfte.

Das Arbeitsplatzangebot wird nicht zuletzt in Mitteldeutschland für Studierende attraktiver und bietet somit die Möglichkeit, mehr junge Menschen für den Fachbereich „Halbleiterei“ zu begeistern und natürlich auch davon zu überzeugen, in der Region zu bleiben.

Was ist Ihre Vision für den Standort? Wie (gern an konkreten Beispielen) soll er weiterentwickelt werden?

Bis 2026 wird Bosch Dresden sowohl die Standorte in Dresden als auch in Reutlingen deutlich erweitern. Neben zusätzlichen Fertigungskapazitäten wird auch in Forschung und Entwicklung investiert. In Dresden wurde der Standort behutsam und mit Zukunftsperspektive ausgewählt. Die bereits von Bosch erworbenen Flächen im Dresdner Norden lassen Raum für weiteres Engagement.

Was sind konkrete Unterstützungsmaßnahmen, die auf dem Weg zu dieser Vision notwendig sind? Stichwort: Förderprogramme, Bildungssektor, Fachkräftestrategien, Maßnahmen auf Landes- bzw. Bundesebene, etc.

Bosch bzw. das sächsische Halbleitercluster benötigen jetzt und auch zukünftig die volle Unterstützung der sächsischen Staatsregierung, des Bundes und der Europäischen Union. Das gemeinsame Ziel muss es sein, dass Europa in der Halbleiterindustrie stark bleibt und noch stärker wird im Wettbewerb mit anderen Regionen. Neben Bosch und allen Halbleiterpartnern braucht es weitere Zukunftsfabriken, um die Technologiesouveränität zu erreichen. Die Modernisierung und Vereinfachung des Beihilferechtes, wie IPCEI und neue Formate wie der EU Chips Act sind dafür wichtige Elemente. Alle Partner, ob nun Wirtschaft, Wissenschaft oder Politik müssen langfristig die gleichen Ziele verfolgen. Fachkräftegewinnung und Anpassungen im Bildungssektor sollen abgestimmt, ineinandergreifend und zukunftsweisend auf den gemeinsamen Entwicklungspfad wirken. Nur so werden wir in eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten kommen.

Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Koitzsch.


Dieses Interview ist erstmalig im Rahmen unseres Magazins NEXT „Im Fokus: Mikroelektronik“ erschienen. 

👉 Zur Gesamtausgabe des Magazins

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