Infineon Dresden: Interview mit Raik Brettschneider, Vice President & Managing Director
Wie blickt Infineon Technologies Dresden auf den Standort? Welche Rolle spielt das sächsische Mikroelektronik-Netzwerk für das Unternehmen? Wo endet gemeinsame Standortarbeit und beginnt Konkurrenz? Welche Voraussetzungen sind für zukünftiges Wachstum unbedingt notwendig? Das alles und noch viel mehr erfahren Sie im Interview mit Raik Brettschneider.
Herr Brettschneider, welche Bedeutung hat der Dresdner Standort für den Konzern?
Dresden ist einer der größten und wichtigsten Entwicklungs- und Produktionsstandorte von Infineon, der zentrale Teile der Halbleiterwertschöpfungskette abdeckt: Technologieentwicklung, Produktentwicklung und Frontend-Fertigung. Die strategische Bedeutung des Standorts Dresden wird unterstrichen durch die enge technische Verbindung mit dem Standort im österreichische Villach. Beide Standorte betreiben eine Hochvolumenfertigung von Leistungshalbleitern auf 300mm-Dünnwafern.
In welchen konkreten Bereichen wurde seit Eröffnung investiert und wie hoch waren diese Investitionen in Summe?
In den vergangenen 12 Jahren hat Infineon rund 1,7 Milliarden Euro in den Standort Dresden investiert, insbesondere in den Ausbau der Fertigungskapazitäten.
Für welche Verwendungszwecke produziert der Dresdner Standort? Was können die produzierten Chips genau und in welchen Branchen/Industrien finden sie Verwendung?
Infineon Dresden produziert Leistungshalbleiter, Sensoren und Mikrocontroller für alle vier Geschäftsbereiche des Konzerns: Automotive, Industrial Power Control, Power & Sensor Systems, Connected Secure Systems.
Mittlerweile gibt es mehrere Fabs, zahlreiche Zulieferbetriebe und Forschungseinrichtungen sowie Mikroelektronik-relevante Softwareunternehmen in Sachsen. In welchen Bereichen ist das Netzwerk für Ihr Unternehmen besonders wichtig?
Infineon Dresden arbeitet eng zusammen mit den lokalen Universitäten und Forschungseinrichtungen bei der Entwicklung innovativer Fertigungstechnologien und neuer Produkte.
Das Thema Fachkräfte bewegt nicht nur uns. Aktuell wächst die sächsische IKT-Branche um ca. 5.000 Fachkräften pro Jahr, das entspricht bei gleichbleibendem Wachstum über 100.000 Fachkräften im Jahren 2030. Welche Rolle spielt die direkte Nähe zu anderen Fabs im Kontext Ihrer Fachkräftestrategie? Macht sie den Standort eher attraktiver oder die Konkurrenz größer?
In den vergangenen Jahren ist die Wirtschaftsregion Sachsen größer und damit auch attraktiver geworden. Diese Entwicklung finden wir sehr erfreulich und wir erwarten, dass die Bedeutung des Standorts Dresden weiter steigen wird. Der zunehmende Fachkräftemangel wird in den kommenden Jahren die jedoch wichtigste Herausforderung für das weitere Wachstum der ansässigen Mikroelektronikindustrie werden. Am Standort bauen nahezu alle Halbleiterhersteller ihre Kapazitäten aus, hinzu kommen globale Player wie TSMC und Intel. Welche Auswirkungen hat das für Sie mit Blick auf Lieferketten, Dienstleister, Rohstoffe und auch Fachkräfte?
Wir begrüßen die geplante Ansiedelung von Intel in Magdeburg. Dadurch rückt die Chipindustrie noch weiter in das öffentliche Bewusstsein. Mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Versorgung mit Rohstoffen oder das Angebot von Fachkräften in der Region Silicon Saxony rechnen wir derzeit nicht.
Was ist Ihre Vision für den Standort? Wie (gern an konkreten Beispielen) soll er weiterentwickelt werden?
Infineon Dresden ist auch in Zukunft einer der größten und wichtigsten Entwicklungs- und Fertigungsstandorte von Infineon, der mit dem Standort Villach einen führenden Produktionsverbund für Leistungselektronik bildet.
Was sind konkrete Unterstützungsmaßnahmen, die auf dem Weg zu dieser Vision notwendig sind? Stichwort: Förderprogramme, Bildungssektor, Fachkräftestrategien, Maßnahmen auf Landes- bzw. Bundesebene, etc.
Wir freuen uns, dass die Politik in den vergangenen Jahren immer besser verstanden hat, dass die Mikroelektronik eine Schlüsselindustrie für Deutschland und Europa ist. Die Trends Dekarbonisierung und Digitalisierung stellen die Gesellschaft vor gewaltige Aufgaben, die wir nur mit innovativen Halbleitern lösen werden. Wenn wir diese Technologien in Europa halten wollen, brauchen wir auf allen staatlichen Ebenen Unterstützung – durch attraktive Rahmenbedingungen für Investitionen. Das umfasst nicht nur Förderprogramme, sondern auch ein Umfeld, das Fachkräfte aus anderen Regionen anlockt. Nur so kann die europäische Mikroelektronikindustrie im globalen Wettbewerb bestehen.
Vielen Dank für das Interview, Herr Brettschneider.
Dieses Interview ist erstmalig im Rahmen unseres Magazins NEXT „Im Fokus: Mikroelektronik“ erschienen. Alle weiteren Interviews der sächsischen Halbleiterwerke finden Sie in der Gesamtausgabe.