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Von der Grundschule zum Lehramtsstudium

Informatikbildung in Sachsen ebnet den Weg für digitale Spitzenkompetenz. Im Interview mit Fachkoordinator Wolf Spalteholz (TU Dresden) werfen
wir einen Blick in Sachsens Schulen und auf die sächsische Lehrkräfteausbildung und zeigen, wo wir Standards setzen und was weiterhin getan werden muss.

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BILD: TU Dresden/Wolf Spalteholz, erstellt mit Canva Pro

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Welche Position begleiten Sie aktuell und welche Aufgaben bzw. Aufgabenfelder verbergen sich dahinter?

Wolf Spalteholz: Ich bin Lehrer im Hochschuldienst und damit angestellte Lehrkraft im Freistaat Sachsen. Allerdings bin mit 100 % meiner Arbeitszeit an die TU Dresden abgeordnet und hier Lehrkraft am Zentrum für Lehrerbildung, Schul- und Berufsbildungsforschung (ZLSB). In dieser Rolle begleite ich u.a. Studierende des Lehramtes bei schulpraktischen Übungen (SPÜ). SPÜ sind die ersten Gehversuche von Studierenden in den Schulen und vor den Schüler:innen. Bei diesen ersten Unterrichtseinheiten betreuen wir die Studierenden didaktisch und bereiten sie auf das Blockpraktikum B vor. In diesem gehen die Studierenden dann für vier Wochen in die Schulen. Hier begleiten, gestalten, entwickeln und halten sie dann längere Unterrichtssequenzen und werden durch Hospitation bzw. im Rahmen von Seminaren begleitet. Ein weiterer Aspekt meiner Arbeit ist die Lehre im sogenannten Ergänzungsbereich. In meinem Fall umfasst dies hauptsächlich das Gebiet Digitalisierung bzw. die konkrete Informatikausbildung von Lehrkräften.

Damit haben Sie auch einen direkten Einfluss auf die Weiterentwicklung des Informatikunterrichtes in Sachsen?

Wolf Spalteholz: Hauptsächlich konzentriert sich meine Arbeit auf die Durchführung von Lehrveranstaltungen und SPÜ für die Studierenden. Für die Lehrplan-Kommission oder als aktiver Fachberater ging es aber auch um die Weiterentwicklung des Faches Informatik.

Sie haben 2009 Ihr Studium „Höheres Lehramt an Gymnasien“ für die Fächer Mathematik und Informatik beendet. Wie sah Ihr Studium – speziell im Informatikbereich – damals aus und wie hat sich das Studium von Lehrkräften seither verändert?

Wolf Spalteholz: Im Vergleich zu meinem anderen Fach – der Mathematik – und vielen anderen Fächern, in die ich durch meine damaligen Kommilitonen Einblick hatte, ist das Team der Didaktik im Informatikbereich relativ klein. Das klingt nach einem Nachteil, ist in meinen Augen aber ein Vorteil. Als Lehramtsstudierender der Informatik sind und waren sie seit jeher sehr gut betreut. Viele Lehrveranstaltungen im Bereich Informatik wurden damals und werden noch immer auch auf die Bedürfnisse von Lehramtsstudierenden zugeschnitten. Um ein Beispiel herauszugreifen: die Lehrveranstaltung Datenbanken. Diese Vorlesung wird von vielen Informatikstudierenden besucht und ist sehr stark fachliche ausgerichtet. Was richtig ist, denn Fachkompetenz ist für Lehrkräfte entscheidend. Für Lehramtsstudierende kann hier aber natürlich nicht in der Intensität darauf eingegangen werden, wie man denn ein Thema wie Datenbanken in der Schule umsetzen kann. Hierfür gibt es dann separate Lehrveranstaltungen, die sich konkret mit dem Thema Didaktik beschäftigen. Und genau diese Kombination halte ich für erhaltenswert. Der Fokus liegt auf der Fachkompetenz. Die Vertiefung im didaktischen Bereich und die Nähe zu den Schulen hilft den Studierenden schließlich bei der Übertragung dieses Fachwissens.

4. Ist die Ausbildung von Lehrer:innen in Ihren Augen optimal – gerade im Hinblick auf die Nutzung und Einbindung von digitalen Formaten und Tools bzw. im Hinblick auf die Verbesserung von digitalen Fertigkeiten der Schüler:innen?

Wolf Spalteholz: Ich bin sehr froh darüber, dass die Lehramt-anbietenden Hochschulen in Sachsen inzwischen im Rahmen des Ergänzungsbereichs für alle Lehramtsstudierende verpflichtende Module der „Medienbildung“, die sich mit allen digitalisierungsbezogenen Kompetenzen auseinandersetzen, in den Hochschullehrplänen verankert haben. Das hilft, digitale Bildung und auch digitale Kompetenzen auch abseits der Informatik zu stärken, da sie in allen Fächern verankert wurden. Egal welches Lehramt Sie also studieren, sie müssen oder besser dürfen sich bereits in der ersten Phase der Lehramtsausbildung mit diesem Themenkomplex beschäftigen. Aufgrund der Vielzahl der Studierenden – die Lehramtsstudierenden sind die größte Studierendengruppe an der TU Dresden – ist die Ausgestaltung dieser Angebote natürlich noch eine große Herausforderung, die es in den kommenden Jahren zu meistern gilt. Im vergangenen Jahr wurden die ersten Studierenden immatrikuliert, die nach der neuen Studienordnung studieren und diese Medienbildungsmodule nun als Pflichtmodule im Ergänzungsbereich haben. Das war längst überfällig.

Deutschland schnitt in der PISA-Studie enttäuschend ab. Sachsen ist im innerdeutschen Vergleich der vermeintlich „Einäugige unter den Blinden“. Was macht der Freistaat aktuell im Bereich der Bildung richtig?

Wolf Spalteholz: Sachsen hatte als eines der ersten Bundesländer eine durchgehende Informatik-Ausbildung von Klasse sieben bis zehn, die inzwischen seit Längerem alle Schüler:innen aller Schulformen verpflichtender Bestandteil der allgemeinbildenden Schulen ist. In der Klasse 5 und 6 ist zudem das Fach „Technik und Computer“ Teil des Lehrplans. Das heißt also, dass wir von der Klasse 5 mit einer informatischen Grundbildung, dem Informatikunterricht bis zur Klasse 10 und den Kursangeboten im Abitur durchgängig in allen Schulformen eine Informatikausbildung in Sachsen haben.

In jüngster Vergangenheit wurden zudem ersten informatische Grundkompetenzen – die „Vorinformatische Bildung“ – in die Grundschullehrpläne integriert. Seit 2022/23 haben wir zudem einen Leistungskurs Informatik am Regelgymnasium. Bisher gab es diesen nur an den beruflichen Gymnasien. Mit diesen Angeboten ist Sachsen – und das zeigt auch der Informatik-Monitor der G.I.immer wieder – national hervorragend aufgestellt.

Auch die technische Infrastruktur ist im Freistaat gut organisiert. Wir haben mit Lernsax, dem Schullogin und den dahinterliegenden Werkzeugen digitale Tools, die in der Schulpraxis helfen. Egal ob Webkonferenztools, Cloud, Lernmanagementsysteme oder Kommunikationsplattformen – mit dem Single Sign-on Schullogin verbinden wir alle Schüler:innen, Eltern und Lehrkräfte in Sachsen.

In der Lehrkräfteausbildung würde ich die Möglichkeiten für Seiteneinsteigende hervorheben. In viele Fächer, auch in der Informatik, besteht diese Option. Hier sind wir im Bundesvergleich ganz weit vorn. Seit 2018, im Fall von Informatik seit dem Jahr 2019, beginnen jedes Jahr neue Gruppen von Seiteneinsteigenden, auch hier an der TU Dresden, ihre zwei- bis zweieinhalbjährige Ausbildung und das gut strukturiert und organisiert – u.a. durch das ZLSB.

Nicht zuletzt muss man auch hier nochmals die aktuelle Ausbildung der Studierenden aller Lehramtsstudiengänge in den Bereichen „Medienbildung“ und „Digitalisierung“ hervorheben.

Der durchgehende informatische Ausbildung von Grundschule bis Gymnasium, die technische Infrastruktur, der Seiteneinstieg in den Lehrberuf sowie die angepasste Ausbildung der kommenden Lehrer:innen sind die entscheidenden vier Punkte, die Sachsen sehr gut dastehen lassen.

Und wo sehen Sie in Sachsen noch digitalen Entwicklungspotenzial in den Bildungseinrichtungen?

Wolf Spalteholz: Hier blicke ich vor allem auf den Bereich der digitalisierungsbezogenen Kompetenzen und gar nicht so sehr auf das Fach Informatik. Auf Beschluss des sächsischen Kultusministeriums sind digitalisierungsbezogene Kompetenzen eine Querschnittsaufgabe aller Fächer. Dieser Beschluss allein ist bereits positiv zu bewerten, stellt für Schulen jedoch im Alltag eine wahnsinnig große Herausforderung dar. In Zeiten von Lehrkräftemangel und speziell einem Mangel von Lehrkräften im MINT-Bereich fehlen oft die Freiräume für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte. Entsprechend ist die eigentliche Umsetzung dieser Vorgabe – also auch in Mathematik, Biologie, Geschichte, Sport usw. digitale Kompetenzen zu vermitteln – nicht so einfach umzusetzen.

Hier würde ich mir wünschen, die Lücke zwischen dem politischen Bekenntnis zu mehr Digitalisierung in der Schule bzw. zu digitalisierungsbezogenen Kompetenzen in allen Fächern und dem, was wir an institutionellen, an personellen und auch an materiellen Ressourcen in der Schule zur Verfügung haben, zu schließen. Nur so kann, was zurecht beschlossen wurde und wirklich wichtig ist, auch in der Schule ankommen und umgesetzt werden.

Denn jede Fachwissenschaft hat Schnittpunkte zur Digitalisierung, egal ob Natur- oder Gesellschaftswissenschaft, Sprache, Sport, Kunst oder Musik. Dieses Potenzial dürfen wir nicht vernachlässigen. Es gibt bereits sehr gute Leuchtturmprojekte in diesen Bereichen. Es gibt viele Kolleginnen und Kollegen, die hier großartiges leisten. Das Beste, was wir tun können, ist, all diese Ansätze zu sammeln und über alle Schulen so in die Breite zu tragen, dass diese Querschnittsaufgabe nicht nur wahrgenommen, sondern auch umgesetzt wird.

Sie waren lange Zeit Informatiklehrer. Später waren Sie Fachkoordinator und Fachberater für diesen Bereich. Ist der deutsche/sächsische Informatikunterricht aktuell zukunfts- bzw. international wettbewerbsfähig?

Wolf Spalteholz: Der Informatikunterricht in Sachsen ist international wettbewerbsfähig. Ist er auch zukunftsfähig? Wir reden hier ja über Entwicklungen, die unser aller Leben beeinflussen, aber oft nicht mal ein halbes Menschenleben alt sind. Das bedeutet, dass nicht abschließend bewertet ist, was alles zum Stoff gehört und was nicht.

Hier scheint, sich auf die sogenannten zeitbeständigen Wirkprinzipien der Informatik zu besinnen und diese in die Lehrpläne zu integrieren, die beste Lösung. Das bedeutet u.a. Trends und Entwicklungen in der Informatik genau zu durchdenken und zu überlegen, ob diese vermittelt gehören – also zeitbeständig sind. Ein aktuelles Beispiel ist hier das Thema „Künstliche Intelligenz (KI)“. Welche Aspekte von KI übernimmt man verbindlich und dauerhaft in die Lehrpläne? Welche Aspekte davon überlässt man den Lehrkräften zur freien Entscheidung? Hier gilt es die Balance zwischen engagierten und weitestgehend frei agierenden Lehrkräften und einem verbindlichen Lehrplan zu finden. Ich für meinen Teil bin davon überzeugt, dass wir einen guten neuen Lehrplan für alle Schulformen in Sachsen entwickelt haben, der Lehrkräften dennoch die Möglichkeiten gibt, eigene Akzente zu setzen.

Die Hochtechnologie und speziell die Digitalbranche wandeln sich rasant. Wie kann der Informatikunterricht mit der Realität hier Schritt halten bzw. sich fortlaufend verbessern?

Wolf Spalteholz: Ich würde hier nicht den Informatikunterricht losgelöst betrachten, sondern die Schule insgesamt. Der Informatikunterricht ist nicht für Word, Powerpoint und Excel da. Wenn wir diese Anwendungskompetenzen, für die sicher für digitale Kompetenzen benötigt werden, ausschließlich dem Informatikunterricht überlassen, uns hier mit Klickanleitungen und Produktschulungen beschäftigen, dann bewegen wir überhaupt nichts und bleiben auch nicht am Puls der Zeit. Alle Fachbereiche sind gefragt, wenn es darum geht, digitale Tools in den eigenen Unterricht zu integrieren. Geschieht dies, kann sich der Informatikunterricht tatsächlich mit den bereits erwähnten „zeitbeständigen Wirkprinzipien“ der Informatik beschäftigen. Hier ist es dann Aufgabe der einzelnen Lehrerinnen und Lehrer, die das Fach Informatik unterrichten, jene Wirkprinzipien an aktuellen Technologien und Beispielen zu veranschaulichen bzw. spannende Tools in den eigenen Unterricht zu integrieren. Das ist motivierend. Das hat einen Alltagsbezug. Es ist aktuell und damit interessant für die Kinder und Jugendlichen. Und so können wir auch Schritt mit der Hochtechnologie und der Digitalbranche halten.

Das Informatikunterricht nicht alleinverantwortlich für die digitale Bildung und digitalen Kompetenzen unserer Jugend ist, haben sie klar formuliert. Doch wie kann man das Zusammenspiel fächerübergreifend in diesem Bereich verbessern?

Wolf Spalteholz: Das ist ein Hauptteil meiner Forschungsarbeit. Sich zu überlegen, wie bekommt man heraus, was außerhalb des Faches Informatik an digitalisierungsbezogene Kompetenzen aufgebaut werden muss. Ich hatte erst vorhin ein passendes Beispiel zur Hand. Hier ging es um „sachgerechte Nutzung von Suchmaschinen “. Wie sollte eine Lehrkraft diese formulierte digitale Kompetenz in die Praxis überführen? Stellen wir uns z.B. einen Geschichtsunterricht vor. Die Lehrkraft teilt die vorhandenen Tablets aus, die in das vorhandene WLAN eingeloggt werden und meint anschließend: „Jetzt suchen wir alle mal, wie im alten Ägypten der Nil die Felder überschwemmt hat und was dies an positiven und negativen Effekten mit sich brachte.“ Die Schüler:innen nutzen eine Anwendung, in dem Fall eine Suchmaschine. Das bedeutet aber nicht, dass die Schüler:innen hierbei Kompetenzen aufbauen. Erst wenn thematisiert wird, wie eine Suchmaschine funktioniert, wie man Suchanfragen optimiert, welcher Suchauftrag sich konkret hinter der gestellten Frage verbirgt und welche Kriterien man nutzt, um die Ergebnisse zu bewerten oder weiter zu verbessern, bauen wir Kompetenz auf. Der sächsische Kompetenzrahmen ist gut. Er beschreibt diese digitalisierungsbezogenen Kompetenzen in einem allgemeinen Maße, wie sich das für einen Kompetenzrahmen gehört. Diese Möglichkeiten jedoch konkret in Schule zu transformieren, ist eine Aufgabe, die uns in den nächsten Jahren erwartet. Wir müssen Lehrkräften vermitteln, was kann, was sollte, was muss denn in jedem einzelnen Fach digital geleistet werden? Und wenn digitale Kompetenzen schließlich auch Aufgabe anderer Fachbereiche sind, dann müssen sie hier auch bewertet werden.

Was müsste getan werden, um neue Technologien noch besser und zielführender in verschiedene Unterrichtsformate einzubinden?

Wolf Spalteholz: Kurz gesagt: Die passenden Rahmenbedingungen schaffen. Das heißt einerseits den Lehrer:innen entsprechende Fortbildungen anbieten. Das bedeutet andererseits aber auch in Zeiten hoher Belastungen, die durch den momentanen Lehrkräftemangel verursachte werden, den Kolleg:innen auch die notwendigen Freiräume für eine Teilnahme zu organisieren. Das klingt einfach, ist es aber leider nicht. Denn der fachlichen Ausbildung in Bezug auf eine digitale Kompetenz muss eine pädagogische Ausbildung folgen bzw. muss beides in einer Fortbildung vereint werden. Denn eine Technologie zu verstehen und anwenden zu können, bedeutet noch nicht, dass ich dieses Wissen auch an Schüler:innen vermitteln kann. Man spricht dabei von digitaler pädagogischer Inhaltskompetenz . Hier gilt es, für jeden Fachbereich und jede Schulform die passenden Wege zu finden. Bei der rasanten Entwicklung neuer Technologien und der Etablierung immer neuer digitaler Tools ist das eine herausfordernde Aufgabe.

Welche Rolle spielen KI-Tools, wie ChatGPT, DeepL, Dall-E oder Beautiful.ai, im aktuellen Lehrplan und wie werden Schüler:innen mit deren Einsatz vertraut gemacht?

Wolf Spalteholz: Ja, KI-Tools spielen eine Rolle. Es gibt im Informatikunterricht Lernbereiche, die sich ausschließlich mit Künstlicher Intelligenz befassen. Besondere ausgeprägt ist dies im Leistungskurs Informatik. Die Herausforderung in diesem Bereich ist: Um die Arbeitsweise von KI-Werkzeugen zu verstehen, ist ein tiefes Verständnis der technischen Hintergründe notwendig. Das kann Schule nicht leisten. Andererseits können die Grundprinzipien des Machine Learning bereits Fünft- oder Sechstklässlern relativ einfach verständlich gemacht werden. Diese Funktionsprinzipien, ohne tief in die Systeme zu schauen, können bereits erklären, wie Maschinen lernen. Und auf dieser Basis kann man dann u.a. über die gesellschaftlichen oder kulturellen Aspekte von KI-Systemen diskutieren. Was weitaus schwieriger ist, ist die Anwendungsebene. An welcher Stelle können wir in der Schule mit KI-Tools arbeiten? Wo unterstützen sie Schüler:innen und auch Lehrkräfte? Wie müssen wir Aufgaben, z.B. bei Jahresarbeiten oder Prüfungen, stellen, damit KI-Tools unterstützen, aber nicht die Denkleistung der Schüler:innen übernehmen? Hier müssen wir erst passende Wege finden.

Grundsätzlich gilt: Ein Taschenrechner hilft mir, sofern ich einmal rechnen gelernt habe, das Rechnen schneller auszuführen. Ein Computer hilft mir dabei, Dinge zu automatisieren, damit sie schneller erledigt sind. Warum soll ich also nicht auch KI-Werkzeuge für Dinge nutzen, die sich so automatisieren lassen? Das muss nicht bedeutet, dass die darunter liegenden Kompetenzen nicht mehr ausgeprägt werden. Auch die Diskussion um den Einsatz des Taschenrechners im Mathematikunterricht hat nicht dazu geführt, dass wir nicht mehr die Grundrechenarten unterrichten und damit verstehen.

Es wird nicht selten über den Mangel an Bewerberinnen im MINT-Bereich – egal ob in Studium oder Job – geklagt. Gibt es einen Unterschied zwischen Mädchen und Jungen im Bereich der MINT-Schulbildung? Und wenn ja, wie ließe er sich auflösen?

Wolf Spalteholz: Das Absurde an dieser Diskussion, die immer wieder aufbrandet und die in zahlreichen wissenschaftlichen Aufsätzen, manchmal sehr gut, manchmal weniger gut behandelt wird, ist: Sie korreliert nicht mit dem, was ich als Lehrkraft erlebe und erlebt habe, gerade im Informatikunterricht. Ich kann bei dem, was Schülerinnen im Vergleich zu Schülern leisten, keinen Unterschied feststellen. Das ist auch wissenschaftlich gut belegt. Auch in Bezug auf die Motivation, kann ich kaum Unterschiede wahrnehmen. Warum Studierende in den MINT-Bereichen öfter Männer als Frauen sind, lässt sich daher nicht mit Erkenntnissen aus den Schulen erklären.

Spielt im sächsischen Lehrplan die Bedeutung der Mikroelektronik- und IKT-Branche für Sachsen eine Rolle?

Wolf Spalteholz: In den Lehrplan gehört dieses Wissen nicht. Um guten Unterricht zu machen und den Erziehungsauftrag bestmöglich wahrzunehmen, ist es immer sinnvoll, die lokalen Standortstärken und -player in den Unterricht einzubeziehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Weiterführende Links

👉 Digitale pädagogische Inhaltskompetenz 

👉 Suchmaschinen sachgerecht nutzen

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Unser Interviewpartner

Wolf Spalteholz
Lehrer im Hochschuldienst
Professur für Didaktik der Informatik
T: +49 351 463-42155 | M: wolf.spalteholz@tu-dresden.de

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Dieses Interview ist im Rahmen der NEXT „Im Fokus: Software“ entstanden.

👉 Zur Gesamtausgabe des Heftes

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