Sachsen profitiert stark von dem dynamischen Investitionsgeschehen in der sächsischen Mikroelektronikbranche. Dabei leistet das Wachstum des Halbleiterökosystems in den nächsten Jahren einen deutlichen Beitrag zur weiteren positiven wirtschaftlichen Entwicklung des Standorts, die mit einer größeren Wertschöpfung und damit einem deutlichen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes, Exportwachstum und zusätzlichen Arbeitsplätzen einhergehen.
Das ist das Ergebnis der Studie „Volkswirtschaftliche und regionalökonomische Wachstumseffekte des Halbleiterökosystems in Sachsen“, die das institut für innovation und technik – iit aus Berlin im Auftrag der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH (WFS) durchgeführt hat.
Martin Dulig, sächsischer Wirtschaftsminister und Aufsichtsratsvorsitzender der WFS, sagt: „Sachsen spielt in der europäischen Champions League der Halbleiterbranche in der Spitzengruppe. Auch mit Hilfe des European Chips Act ist es gelungen, den weltweit größten Halbleiter-Auftragsfertiger TSMC in den Freistaat zu holen. Infineon baut gerade mit der größten Einzelinvestition seiner Unternehmensgeschichte sein Dresdner Werk aus. Diese Großvorhaben ziehen weitere Investitionen, insbesondere von Zulieferern, nach sich. Das stärkt den Industrie- und Forschungsstandort Sachsen auf Jahrzehnte. Mit Hilfe moderner Halbleiter und Halbleiteranwendungen können auch viele kleine und mittelständische sächsische Unternehmen davon profitieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Wer A sagt, muss aber auch B sagen. Das bedeutet für den Freistaat Sachsen, die Standortvoraussetzungen für die nachhaltige Entwicklung des Halbleiterstandortes weiter zu verbessern. Als Freistaat haben wir dabei die Themen Flächenentwicklung, Infrastrukturversorgung, Investitionen in die Bildungs- und Forschungslandschaft weiter im Blick und auf der politischen Agenda.“
„Es ist gut und wichtig, dass die bisher schon angenommenen positiven Auswirkungen der Investitionsaktivitäten des sächsischen Halbleiterökosystems jetzt auch mit den entsprechenden Zahlen und Modellen volkswirtschaftlich und regionalökonomisch für unseren Standort untersetzt sind. Die Studie zeigt, welches Potenzial und welche Chancen in der Region stecken. Das ist eine Riesenchance für Investoren, Unternehmen und Zulieferer aller Art – von Materialien über Maschinen bis hin zu Software und Dienstleistungen. Egal ob aus Deutschland, Europa, den USA oder Asien – der Freistaat Sachsen bietet mit dieser Entwicklung vielfältige Chancen für die hiesige Wirtschaft und für internationale Investoren. Denn es lohnt sich, Teil dieses besonderen Ökosystems zu werden. Damit spielt die Studie künftig auch eine relevante Rolle für die Arbeit der WFS, wenn es um die Gewinnung potenzieller Investoren und internationaler Fachkräfte im globalen Wettbewerb sowie die Unterstützung der Akteure vor Ort geht.
Von großem Interesse sind auch die Entwicklungschancen, die für das Mikroelektronik-Ökosystem über das Jahr 2030 hinaus prognostiziert werden. Besonders hervorzuheben ist die Stärkung der Innovationskraft der gesamten Region durch weitere Investitionen, die zur Erweiterung bestehender Kooperationen, neuen Forschungsprojekten und Innovationsprogrammen führen. Erwartet werden wichtige Impulse zum Beispiel für die Energie- und Ressourceneffizienz („grüne“ Mikroelektronik) sowie für die Fertigungsexzellenz und Kompetenzentwicklung, die wiederum die internationale Standortattraktivität Sachsens steigern. Zudem geht die Studie auch von einer Ausweitung und Diversifizierung des bestehenden Clusters der Zulieferer- und Dienstleisterstrukturen in der Mikroelektronik aus. Davon werden Unternehmen im gesamten IKT-Bereich, aber auch Forschungseinrichtungen und Start-ups gleichermaßen profitieren. All das sind wichtige Argumente für unser Ansiedlungsgeschäft und die Weiterentwicklung der Branchenarbeit der WFS“, erklärt WFS-Geschäftsführer Thomas Horn.
Zu den Kernthemen im Einzelnen:
Wertschöpfungseffekte: Positive Wirkung auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) – Verdopplung des Anteils an der Industrieproduktion in Sachsen
Die regionalen ökonomischen Effekte sind in der Phase des Baus und der Produktion unterschiedlich verteilt. So wird Sachsen im Vergleich zum Referenzjahr 2023 in der Bauphase im Jahr 2025 voraussichtlich eine zusätzliche Wertschöpfung in Höhe von 1,6 Mrd. Euro und in der anschließenden Produktionsphase im Jahr 2030 einen deutlichen Anstieg bei der Wertschöpfung um insgesamt 12,6 Mrd. Euro erfahren gegenüber dem Referenzszenario ohne die Investition. Mit den zusätzlichen 12,6 Mrd. Euro Wertschöpfung im Jahr 2030 wird die Halbleiterindustrie /Mikroelektronik dann einen zusätzlichen Anteil von rund 7 Prozent am Bruttoinlandsprodukt Sachsens haben und der Anteil der Mikroelektronik an der Industrieproduktion Sachsens wird sich damit gegenüber heute fast verdoppeln. Ebenso festigt Sachsen seine Bedeutung als strukturbildender Standort für die europäische Halbleiterfertigung. Dresden/Sachsen ist durch die Präsenz bedeutender Unternehmen und eine leistungsfähige Forschungslandschaft nicht nur der größte Halbleiterstandort Europas, sondern insbesondere auch ein richtungsbestimmender Standort. Zudem steigt damit die Wettbewerbsfähigkeit Sachsens insgesamt auch im Bundesländervergleich.
Arbeitsplätze: 24.200 neue Jobs bis Ende 2030 nicht nur in der Halbleiterindustrie
Durch die gegenwärtigen und geplanten Investitionen werden zum Produktionsbeginn in Summe rund 5.500 direkte neue und qualifizierte Arbeitsplätze bei den Halbleiterunternehmen esmc, Infineon, GlobalFoundries, Bosch, X-FAB und Jenoptik geschaffen. Aus diesen 5.500 Beschäftigten in der unmittelbaren Halbleiterindustrie resultieren zusätzlich rund 9.900 indirekte und induzierte Arbeitsplätze – und somit in der Summe 15.400 Arbeitsplätze unmittelbar nach Anlaufen der Produktion im Jahr 2026/27. Bis zum Ende des Jahrzehnts wird die aus dem Ausbau des Halbleiterstandorts Sachsen resultierende Beschäftigung auf 24.200 direkte, indirekte und induzierte Arbeitsplätze ansteigen, wobei durch die induzierten Effekte auch Arbeitsplätze außerhalb der Halbleiterbranche enthalten sind. Bei einer Betrachtung bis in die 2030er Jahre werden allein durch die aktuelle Investitionstätigkeit der Halbleiterunternehmen insgesamt rund 30.000 zusätzliche Beschäftigte (direkt, indirekt, induziert) für Sachsen erwartet.
Wohlstandssteigerung: Höhere Einkommen und attraktive Verdienstmöglichkeiten
Der Effekt der Halbleiterindustrie spiegelt sich schon jetzt in der Einkommensstruktur wider. Während das Bruttomonatsentgelt (Median) in Ostdeutschland mit 3.157 Euro fast genau 600 Euro unter dem Entgelt in Westdeutschland mit 3.752 Euro liegt, beträgt das monatliche Bruttoentgelt in der Halbleiterindustrie (Ost und West) 4.545 Euro. Die Verdienstmöglichkeiten in der Halbleiterindustrie liegen damit also deutlich über dem Durchschnittsverdienst. Zudem wird durch die positiven Folgen der Investitionen mit direkten und indirekten Effekten auch das Arbeitsvolumen steigen und in der Folge die Lohnsumme. Die Erwerbstätigen haben ein höheres Einkommen zur Verfügung und treiben so die Wertschöpfung und die allgemeine Wohlstandsentwicklung im Freistaat Sachsen weiter an.
Eine Notwendigkeit: Internationale Anwerbung von Fach- und Arbeitskräften
Diese Potenziale für den Standort Sachsen werden sich nur verwirklichen lassen, wenn es angesichts der prognostizierten demografischen Alterung und Schrumpfung insbesondere der Erwerbsbevölkerung gelingen wird, ausreichend Fachkräfte zu gewinnen. Da das regionale Arbeitskräftepotenzial natürlich begrenzt ist, ist ein Zuzug erforderlich, der nach der Logik der global aufgestellten Halbleiterindustrie deutlich über Deutschland hinausgeht und ganz Europa und andere Weltregionen einschließt.
Exportwachstum: Bedeutung der Exportwirtschaft wächst
Die sächsische Industrie ist bereits heute ökonomisch eng mit der Welt verknüpft. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass die Bedeutung der Ausfuhren für die wirtschaftliche Entwicklung in Sachsen noch weiter steigen wird. Unter den hier vorgestellten Bedingungen dürfte die Exportquote (Exportanteil am Bruttoinlandsprodukt) im Jahr 2035 bei rund 36 Prozent (2023: ca. 32 Prozent) liegen.
Ausblick & Auftrag:
Für die Entwicklung des Halbleiterstandorts Sachsen über das Jahr 2030 hinaus zeichnen sich zahlreiche Chancen ab, die sich aus der erfolgreichen Entwicklungsgeschichte und Vielfalt des Ökosystems – auch im Zusammenspiel mit Startups sowie anderen Branchen, Technologien, Unternehmen – ergeben. Wenn es gelingt, durch Innovationen insbesondere im Bereich der Anlagen im bisher sehr personalintensiven Packaging (backend der Chip-Fertigung) einen ähnlichen Automatisierungsgrad zu erreichen wie in der eigentlichen Halbleiterfertigung (frontend), ist auch ein Standort in einem Hochlohnland wie Deutschland denkbar. Hierbei käme der lokalen/regionalen Halbleiterindustrie zugute, dass Sachsen ein starker Standort für den Maschinenbau und die Automatisierungstechnologie ist.
Ein weiteres Zukunftsthema kann das Chip-Design sein, sowohl im Zuge der Entwicklung von neuen Halbleiterprodukten gemeinsam mit den verschiedensten Anwenderbranchen als auch mit Blick auf die Fertigung neuartiger Chips für die Künstliche Intelligenz.
Anmerkung:
Für die Projektion der volks- und regionalwirtschaftlichen Effekte des Ausbaus des Halbleiterstandorts Dresden/Sachsen wurden das makroökonomische nationale Totalmodell QINFORGE und das regionalökonomische Modell QMORE eingesetzt.
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Weiterführende Links
👉 Die vollständige Studie kann bei der WFS unter presse@wfs.saxony.de angefordert werden.
👉 https://standort-sachsen.de/de/
Foto: WFS