Künstliche Intelligenz (KI) und Sensorik sollen die Instandhaltung von Zügen künftig noch präziser, wirtschaftlicher und nachhaltiger machen. Denn gerade bei der Instandhaltung von Schienenfahrzeugen gilt es, zwei Ziele in Einklang zu bringen: Einerseits sollen Bauteile und Komponenten im Sinne der Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit so lange wie möglich genutzt werden. Andererseits darf es keine Abstriche bei Sicherheit und Komfort geben.
Bauteile möglichst kurz vor einer drohenden Störung auszutauschen, ist das Ziel der sogenannten prognosebasierten Instandhaltung: Ausgeklügelte Sensoren erfassen dazu permanent relevante Daten am Zug. KI hilft, in den umfangreichen Datensätzen Abweichungen von Standards und damit drohende Ausfälle frühzeitig zu erkennen. Kombiniert mit einer intelligenten Werkstattplanung, die rechtzeitig die richtigen Werkstatt-Gleise freihält, können dann Komponenten, bei denen sich Störungen abzeichnen, zügig ausgetauscht werden.
Fachleute verschiedener Institutionen forschen jetzt an Sensoren für die Datenerfassung, an KI, die die Daten auswertet und die Auswertungen mit praktischen Erfahrungen aus der Instandhaltung kombiniert. Sie arbeiten zudem an einer digitalen Unterstützung für die Planung von Werkstattkapazitäten. An dem Projekt beteiligt sind die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU), das neue Werk Cottbus der DB Fahrzeuginstandhaltung und das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS mit Partnern aus der Lausitz.
Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, hat dafür heute im Rahmen der Verkehrstechnikmesse InnoTrans in Berlin Förderbescheide über insgesamt 5,2 Millionen Euro für die Projekte „DEFLECTOR“ und „D4M“ übergeben.
Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr: „Die Digitalisierung und der Einsatz von KI können dazu beitragen, die Instandhaltung von Zügen zu optimieren. Das spart Geld, hilft in Zeiten des Fachkräftemangels und ist außerdem noch nachhaltig. Mein Haus stellt deshalb für die Forschung und Entwicklung in den Bereichen Schienenverkehr, ÖPNV und Künstliche Intelligenz über den mFUND insgesamt über 54 Millionen Euro bereit. Die Forschungsinitiative mFUND soll die Entwicklung digitaler Geschäftsideen und Dateninnovationen für die Mobilität der Zukunft fördern und Projekte wie diese unterstützen.“
Prof. Dr.-Ing. Michael Hübner, Vizepräsident für Forschung und Transfer an der BTU Cottbus-Senftenberg: „Mit der Kombination aus Künstlicher Intelligenz und modernster Sensorik freuen wir uns, gemeinsam mit unseren Partnern Lösungen für die Instandhaltung von Schienenfahrzeugen voranzubringen. Die BTU profitiert von diesen Projekten, indem wir unsere Expertise in Künstlicher Intelligenz und Sensorik weiter ausbauen und praxistaugliche Innovationen entwickeln, die nicht nur regional, sondern auch international Beachtung finden. Gleichzeitig leisten wir durch unsere Forschung einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Lausitz als Zukunftsregion und unterstützen Unternehmen dabei, ihre Wettbewerbsfähigkeit durch digitale Technologien zu erhöhen.“
Dr. Daniela Gerd tom Markotten, Vorständin für Digitalisierung und Technik der Deutschen Bahn AG: „Schon heute ist jeder ICE, den wir in Cottbus instandhalten, Botschafter für die Wirtschaftskraft und die technologische Kompetenz in der Lausitz. Das stärken wir mit den beiden dreijährigen Forschungsprojekten, die jetzt anlaufen. Denn ausgeklügelte Sensorik, Echtzeitdaten, KI und unsere Analyseumgebung DB360 helfen uns, die Instandhaltung immer weiter zu optimieren. Das macht die klimafreundliche Bahn noch nachhaltiger und wirtschaftlicher – und damit noch attraktiver für Kundinnen und Kunden. Sie profitieren von top-gepflegten Fahrzeugen, mit denen sie jederzeit sicher und zuverlässig unterwegs sein können.“
Dr.-Ing. Christian Wunderlich, stellvertretender Institutsleiter Fraunhofer IKTS: „Wir danken dem BMDV, dass wir – mittels der mFUND-Förderung der Projekte ‚DEFLECTOR‘ und ‚D4M‘ – demonstrieren können, wie die Verknüpfung von Sensorik zur Zustandsüberwachung mit Daten zu den Instandhaltungsprozessen und maßgeschneiderten KI-Methoden die Verfügbarkeit von Bahnfahrzeugen und damit die Attraktivität nachhaltiger Mobilität erhöht. Gemeinsam mit starken Partnern, der DB, der BTU und lokalen KMUs, entwickelt die Fraunhofer IKTS-Forschungsgruppe »Kognitive Materialdiagnostik« in der Lausitz KI-basierte Lösungen für eine effiziente vorbeugende Instandhaltung und unterstützt damit die wirtschaftliche Transformation der Region.«
Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) fördert die beiden Forschungsprojekte „DEFLECTOR“ und „D4M“ innerhalb der Strukturstärkungskomponente seines Förderprogramms mFUND. Unterstützt werden Projekte, die die digitale Transformation und Innovationskraft in den vom Strukturwandel betroffenen Regionen voranbringen. Die beiden Forschungsprojekte führen BTU, DB und Fraunhofer IKTS gemeinsam mit Partnern aus der Lausitz durch. Beteiligt sind das Beratungsunternehmen Umlaut, das Bahn-Software-Unternehmen Zedas aus Senftenberg, das Cottbuser IT-Unternehmen ProFunk und das an der BTU Cottbus-Senftenberg entstehende Center for Hybrid Electric Systems Cottbus (chesco).
Projekt DEFLECTOR zu Echtzeit-Überwachung und Leistungstracking für Schienenfahrzeuge
Im Projekt DEFLECTOR werden Bestandsdaten der Fahrzeuge und Instandhaltungs-Prozesse erfasst, aufbereitet mit praktischem Mitarbeiter-Know-how angereichert. Dafür erstellen die Projektpartner ein Konzept zur Implementierung drahtlos kommunizierender Sensornetze in Bestandsfahrzeugen. Mittels Machine-Learning-Verfahren soll auf Basis der gesammelten Daten eine vorausschauende Zustandsbestimmung der Fahrzeuge ermöglicht werden, um notwendige Wartungs- und Reparaturarbeiten zuverlässig zu planen und zu optimieren. Darüber hinaus werden Technologien und Methoden unter Anwendung drahtloser Sensoren für eine kontinuierliche Zustandsdatenerfassung untersucht, die im Bedarfsfall an Bestandsfahrzeugen nachgerüstet werden können. Das umfassende Bild aus erhobenen und historischen Daten ermöglicht die Implementierung innovativer Lösungen zur Steigerung der Effizienz der Instandhaltungsprozesse und maximaler Verfügbarkeit der Fahrzeuge.
Projekt D4M: Intelligente Auftragsplanung und -steuerung in der Instandhaltung öffentlicher Verkehrsmittel
Im Projekt D4M steht die Datenerzeugung und -verarbeitung für die Instandhaltung öffentlicher Verkehrsmittel im Mittelpunkt. Zur Verbesserung der Auftragsplanung und Werksteuerung in der Instandhaltung werden umfangreiche Datenmodelle sowie Algorithmen für den KI-Einsatz entwickelt. Neben forschungsmäßig erzeugten Datensätzen werden auch echte Datensätze von Projektpartnern genutzt, um die entwickelten Algorithmen und Systeme zu testen. Es werden aktuelle Rahmenbedingungen der Instandhaltungsplanung und -steuerung bei öffentlichen Verkehrsmitteln, Datenaufnahmeprozesse bei Befundung von Verkehrsmitteln, KI basierte Anwendungskonzepte sowie Anwendungspotenziale von KI in der Instandhaltung untersucht. Anhand internationalen Standards werden sind Gestaltungsansätze für die KI-bezogene Entwicklungsarbeit abgeleitet.
Die Projekte DEFLECTOR und D4M profitieren von der Strukturstärkungskomponente des BMDV-Förderprogramms mFUND, die Projekte unterstützt, welche die digitale Transformation und Innovationskraft in den vom Strukturwandel betroffenen Regionen fördern. Ein herausragendes Beispiel für diese Strukturstärkung ist das neue Werk der Deutschen Bahn AG am Standort Cottbus Hauptbahnhof, das für die Instandhaltung von ICE-Zügen errichtet wird. Dieses Werk spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung beider Projekte. Hier werden exemplarisch innovative Lösungen mit Modellcharakter entwickelt und getestet, die situationsbezogen auf andere Werke übertragen werden können. Die drei Projektpartner arbeiten in beiden Projekten am neuen Instandhaltungswerk in Cottbus mit Partnern in der Lausitz zusammen.
Die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) erarbeitet mit wissenschaftlicher Expertise praxisrelevante Lösungen für die Gestaltung der großen Zukunftsthemen und Transformationsprozesse mit Partnern in der Region aber auch weltweit.
Der DB-Konzern ist ein führender Anbieter im Bereich Mobilität und Logistik. Im Wesentlichen besteht der DB-Konzern aus dem Systemverbund Bahn sowie der internationalen Großbeteiligung DB Schenker. Der Systemverbund Bahn umfasst die Personenverkehrsaktivitäten in Deutschland, die Schienengüterverkehrsaktivitäten, die operativen Serviceeinheiten sowie die Eisenbahninfrastrukturunternehmen. Der DB-Konzern, mit Hauptsitz in Berlin, beschäftigt rund 340.000 Mitarbeitende. Der Fokus der Geschäftstätigkeit liegt auf dem Schienenverkehr in Deutschland.
Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der zerstörungsfreien Prüfung (ZfP). Neben der Entwicklung von Methoden, Sensoren und Geräten für die Material- und Bauteildiagnose stehen in der Forschungsgruppe »Kognitive Materialdiagnostik«, die an der BTU in Cottbus ansässig ist intelligente Systeme zur Materialdiagnostik und der vorausschauenden Instandhaltung auf Basis künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellen Lernens (ML) im Fokus.
Das Center for Hybrid Electric System Cottbus (chesco) ist ein Zentrum zur Erforschung hybrid-elektrischer und elektrischer Systeme für die Mobilität der Zukunft. Hier werden Antriebe für eine branchenübergreifende Anwendung entwickelt, gefertigt und getestet, um durch schnelles Prototyping und vollständige Digitalisierung die Innovationszyklen zu beschleunigen.
Die Profunk electric Service GmbH aus der Lausitz steht seit über 25 Jahren für Erfahrungen mit modernster Kommunikationstechnik beim Bau von ITK-Lösungen sowie höchster Zuverlässigkeit im Anlagenservice. Mit dieser Kompetenz ist sie für den Aufbau eines drahtlosen Sensornetzwerks ein wichtiger Partner für dieses Projekt.
umlaut (Part of Accenture) kombiniert leistungsstarke Fähigkeiten in der digitalen Transformation mit fundierten Engineering-Kompetenzen u.a. in der Rail-Branche. Mit vernetzten und intelligenten Ende-zu-Ende-Lösungen optimiert umlaut (Part of Accenture) die Betriebswertschöpfungskette auf der Schiene.
Über das Förderprogramm mFUND des BMDV
Im Rahmen des Förderprogramms mFUND unterstützt das BMDV seit 2016 Forschungs- und Entwicklungsprojekte rund um datenbasierte digitale Innovationen für die Mobilität der Zukunft. Die Projektförderung wird ergänzt durch eine aktive fachliche Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Forschung und die Bereitstellung von offenen Daten auf der Mobilithek.
– – – – –
Weiterführende Links
👉 www.b-tu.de
Foto: Deutsche Bahn